Als Abschluss unserer Jo’burg-Zeit verbrachten wir noch drei Tage im Gold Reef City Hotel im Süden der Stadt. Das Hotel könnte auch in Las Vegas stehen – es beinhaltet ein riesiges Kasino, hat einen eigenen Freizeitpark und man könnte durchaus eine ganze Woche einfach nur auf dem Hotelgelände verbringen. Christina fühlt sich in solchen Bunkern jeweils nicht ganz so wohl, aber sie macht es für Tim und mich immer wieder einmal mit. Wir Jungs genossen folglich die blinkenden Lichter, das Gewusel der Leute und den Lärm diese Tage in vollen Zügen. Tim feierte wie jedes Mal die Kinder-Spielothek… Gleich neben dem hoteleigenen Freizeitpark war auch noch das Apartheid-Museum gelegen. Ein Besuch war natürlich ebenfalls Pflicht. Mir gehen solche dunklen Kapitel der Geschichte jeweils besonders nahe. Vor allem wenn es um noch nicht allzu ferne Zeiten geht (das war ja auch schon bei den Roten Khmer in Kambodscha der Fall). Das Museum handelt primär von Nelson Mandela und dessen Geschichte, und diese ist äusserst eindrücklich.
Als Kontrastprogramm gab es dann am Nachmittag den Freizeitpark. Dieser hatte ausnahmsweise auch an einem Mittwoch offen (was offensichtlich niemand wusste). Wir waren also gefühlt alleine im Park und mussten nirgends anstehen. Teilweise hatte es schon etwas von einem Geisterpark. So muss es also als Hollywood-Star sein, wenn man einen Park für seine Familie mietet, haha!
Das Hotel lag ganz nahe dem Stadion der Orlando Pirates (von denen waren wir ja an einem Spiel) und wir besuchten dieses noch einmal, um uns kleidungstechnisch als Buccaneers erkennbar zu machen. Da gab es tatsächlich einen richtigen Fanshop, der den Namen absolut verdiente. Wir wurden in den Tagen darauf von Einheimischen öfters mal auf unsere Piraten-Kluft angesprochen.
Als nächstes ging es in die Drakensberge. Wir hatten ein paar Tage in der eindrücklichen Montusi Mountain Lodge gebucht. Leider ging es mir in dieser Zeit nicht so gut. Ich musste irgendeinen Virus oder so eingefangen haben. Jedenfalls war ich mehrere Tage lang völlig ausgelaugt und kaputt. Wir genossen also hauptsächlich die Ruhe in den Bergen und machten vereinzelte kurze Wanderungen. Auf dem Montusi Peak, dem hauseigenen höchsten Berg der Lodge überraschte uns mal wieder ein Sturm und wir wurden so richtig nass (quasi ein Flashback vom Tafelberg).
Die Tage gingen vorbei und wir machten uns auf den Weg nach Underberg. Dieses liegt ganz nah der Grenze zu Lesotho. Um an diese zu gelangen, muss aber der Sani-Pass bezwungen werden. Wir hatten bereits einiges über diesen gelesen. Es handelt sich anscheinend um eine der steilsten Passtrassen der Welt und soll äusserst gefährlich sein. Jedenfalls wird davon abgeraten, den Pass selber zu fahren (allerdings nur, um im nächsten Satz gesagt zu bekommen, dass ein Cousin eine Tour hinauf anbieten würde, haha). Da wir ja nicht die Touristentour nach oben wollten (diese fahren da hoch und dann wieder runter), sondern effektiv nach Lesotho einzureisen gedachten, fuhren wir natürlich selber. Nach meinen Erfahrungen in Swasiland dachte ich, dass es sich um ein Kinderspiel handeln würde.
Gesagt – getan. Ein Kinderspiel war es zwar nicht, aber gefühlt war es weniger schlimm als die Strasse in Eswatini. Bereits nach einer guten Stunde waren wir oben und verpflegten uns im «höchsten Pub Afrikas» (knapp 2900 m.ü.M). Dort oben hatte es tatsächlich einige Touristen, welche sich dann bald einmal wieder auf den Rückweg ins sichere Südafrika machten. Wir machten uns auf den Weg nach Thaba Tseka. Auf Google Maps war dies «bloss» etwa 190km entfernt. Und das sollte in etwa die einzige Angabe gewesen sein, die Google uns in diesem Case richtig angeben wird. Wir dachten uns «gut, den ach so schwierigen Sani-Pass haben wir ja gemeistert – was soll denn jetzt noch kommen?!». Wieder ohne Internet und ohne Plan wurden die Strasse immer schlimmer, es folgten weitere Pässe (der höchste war über 3200 m.ü.M.) und wir verfuhren uns so richtig übel (und auch nicht nur einmal 😊). Einmal kamen wir mit dem Auto einfach nicht mehr weiter und mussten halsbrecherisch wenden und einfach alles wieder zurück. Da uns Google völlig im Stich gelassen hatte, mussten wir auf «old school» umstellen und nach dem Weg fragen. Zum Glück waren die Basotho sehr hilfsbereit und wir erfragten uns Stück für Stück des Weges. Als wir wieder einmal um Rat fragten, meinte der nette Herr: «Ah, Ihr seid das. Mein Bruder hat mich bereits informiert, dass bald ein paar planlose Westler kommen würden und ich den Weg weisen solle». Wir mussten laut lachen und bedankten uns für die wiederum nette Auskunft. Auf dem x-ten Pass angelangt, waren wir langsam völlig hinüber, stiegen aus und tanzten alle lauthals singend zu «Rama Lama Ding Dong» (da wir ja kein Internet hatten, lief die ganze Zeit nur unsere Apres-Ski-Playlist…). Wir kamen und kamen dem Ziel einfach nicht näher und es dunkelte langsam ein. Ich teilte Christina meine Besorgnis bzgl. Fahren im Dunkeln und dem Zustand unserer Bereifung mit. Aber was blieb uns anderes übrig als einfach weiter zu fahren. 20 km vor Thaba Tseka passierte es dann… Pämm!! Der linke Vorderreifen platzte. Nach kurzem Hadern entschlossen wir uns, das Problem anzugehen. Zuerst musste der Ersatzreifen gefunden werden. Das war noch einfach. Dann musste da noch Werkzeug sein – ebenfalls gefunden. Nur der doofe Wagenheber war extrem gut versteckt. Aber auch der zeigte sich irgendwann. So machten wir zwei Noobs uns daran, im steilen Hang, auf unebenem Grund, den Wagen anzuheben und das Rad zu wechseln. Ah ja, stockdunkel und arschkalt war es natürlich auch schon. Aber auch diese Hürde haben wir im Teamwork gepackt! Jetzt ging es noch darum, den Wagen mit diesem Micky Maus-Pneu über die (wirklich üble) Schotterpiste weiter den Berg hinauf ins 20km entfernte Ziel zu bringen. Irgendwie schafften wir auch das und fielen gegen 22 Uhr völlig kaputt in das bequemste Bett aller Zeiten.
Wenn jetzt jemand denkt, dass das Problem am nächsten Tag einfacher zu lösen gewesen wäre, der irrt sich. Theba Tseka liegt in den Bergen, also richtig in den Bergen. Das ganze Land ist am tiefsten Punkt knapp 1400 m.ü.M. Da oben hatte es nichts und von der Mietwagenfirma wurden wir dazu angehalten, nochmals 180 km in die Hauptstadt Maseru zu fahren. Dort könnten wir das Auto tauschen. Kurz zusammengefasst: Ich fuhr mit dem mickrigen Ersatzreifen auch noch die nächsten 180 km (wie auf rohen Eiern) und schaffte es an den verlassensten International Airport aller Zeiten (Moshoeshoe Intl. Airport – hat jemand schon mal «I am legend» mit Will Smith gesehen?). Das Auto wurde unkompliziert ausgetauscht und wir haben jetzt den kleinen Bruder vom Haval H6.
Bei all den Abenteuern mit dem Auto muss ich jetzt aber noch ein paar Worte über Lesotho verlieren: Das Land ist absolut atemberaubend, diese Landschaft einfach unglaublich schön!! Und dank unserem Abenteuer können wir auch sagen, dass die Leute sehr nett und hilfsbereit sind. Abseits der Hauptstadt ist es, wie wenn man mit einer Zeitmaschine hundert Jahre zurückgeflogen wäre. Während wir uns in Swasiland ein Cultural village angesehen haben, konnte man dies hier in quasi freier Wildbahn völlig unberührt und authentisch ansehen. Auch wenn wir wahrscheinlich nie mehr nach Lesotho kommen werden, es war ein bleibender, sehr intensiver Kurzbesuch eines wunderschönen Landes!
Kommentar hinzufügen
Kommentare